Rudolf Hildebrand, der Mensch

Rudolf Hildebrand wurde am 13.3.1824 in Leipzig geboren.
Von 1864 bis 1868 war er Lehrer an der Thomasschule in Leipzig. 1869 wurde er Professor für Germanistik.
Er war der Leiter des ‚Deutschen Wörterbuches‘ der Brüder Grimm.

Rudolf Hildebrand setzte sich nachhaltig für eine Neugestaltung des Deutschunterrichts ein.

Er forderte eine bessere Beachtung der gesprochenen Sprache, der Sprachinhalte und des unmittelbaren sprachlichen Ausdrucks des Kindes.
Hildebrand starb am 28.10.1894 in Leipzig

Was war sein Anliegen?

Rudolf Hildebrand propagiert in seinem 1867 in erster Auflage erschienenen Buch: „Vom deutschen Sprachunterricht“ eine Art des Unterrichts, die sich heute, 130 Jahre später in der aktuellen Diskussion wiederfindet:

„Warum sind denn dem Philologen grammatische Untersuchungen nicht langweilig, sondern anziehend, ja unter Umständen fesselnd? Warum kann er mitten in einem warmen, tief lebensvollen Gedicht plötzlich bei einer grammatischen Kleinigkeit stutzen und jenen Inhalt einstweilen fahren lassen und in einen ganz anderen Gedankengang übertreten, der den des Dichters gleichsam quer durchschneidet? Und warum kann man sogar in Gesellschaften, die nur der Unterhaltung wegen beisammen sind, durch Aufwerfen einer kleine grammatischen Frage oft recht wohl das Interesse der Anwesenden fesseln, daß das volle Gegenteil von langer Weile sichtbar wird? Und warum streiten sich auch die Kinder schon, mitten im Spiel zuweilen über irgend eine sprachliche Frage, wie das und das heißen müsse? Da ist ja das Interesse, das man sucht, in naturwüchsiger Erscheinung! Es gilt nur es einzufangen und in die Schule zu bringen. Sehen wir uns die Fälle an, um das Plätzchen zu finden, wo es von innen heraus kommt. Dem Philologen wird eine grammatische Einzelheit anziehend, wenn sie in einen grammatischen Zusammenhang einschlägt, dem er schon länger mit eigenen Gedanken nachgegangen ist und ihn sich so und so zurechtgelegt und aufgebaut hat, wobei doch allemal Fragen übrig bleiben in Form von Lücken, die noch auszufüllen sind, oder Enden von Gedankenfaden, die über sich hinausweisen; auch in den beiden anderen Fällen kommt das Interesse aus einem solchen mehr gefühlten als gewußten, aber schon vorhandenen Zusammenhange heraus.

[…] Das Ähnliche setzt sich an das Ähnliche an, die Gegensätze setzen sich einander gegenüber usw. und bald ist darin ein Zusammenhang von Wörtern, als Träger des entsprechenden Zusammenhanges der erfahrenen Dinge – gerade als hätte eine unsichtbare Hand von oben hereingreifend das alles so in Ordnung gestellt, über und untereinander und neben- und an- und ineinander.
Diese Ordnung selbst ist das Interessante daran, und noch mehr das Gefühl jener geheimnisvollen höheren Hand, und in diesem Zusammenhange, sobald man ihn sieht, wird jede kleinste Kleinigkeit interessant – warum nicht auch den Schülern?“ (Hildebrand 1925: S. 14 f.) Damals mußte Hildebrand zu seinem Unterrichtskonzept noch resignativ anmerken: „Aber freilich, das ginge nicht als tägliches, ordnungsmäßiges Verfahren, vollends in einer stark besetzten Klasse und ich verzichte feierlich darauf, den Einfall einmal in einem Schulregulativ zu erblicken, schön in Paragraphen gefaßt.“(Hildebrand 1925: S. 4f.)

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